Stadtzentrumsentwicklung
Stadtgeschichte
Die Stadt Ingelheim am Rhein entstand als „Stadt“ im Jahr 1939 durch den Zusammenschluss der ehemals selbstständigen Gemeinden Ober-Ingelheim, Nieder-Ingelheim mit Sporkenheim und Frei-Weinheim. Im Jahr 1972 wurde Großwinterheim eingemeindet, 2019 Heidesheim und Wackernheim. Dieser Zusammenschluss zuvor selbstständiger Gemeinden mit Wurzeln die teilweise bis in die fränkische Zeit zurückreichen, brachte es mit sich, dass sich ein historisch gewachsenes, funktional erkennbares und eindeutig abgegrenztes Stadtzentrum erst langsam entwickelt hat. Dieser Entwicklungsprozess ist noch nicht abgeschlossen.
Die Nahtstelle, an der die drei ehemals selbstständigen Gemeinden 1939 zusammengewachsen sind, befindet sich etwa im Bereich des Bahnhofs. Seit den 1970er Jahren wurden hier und in dessen Umfeld verschiedene Anstrengungen unternommen, ein Stadtzentrum zu entwickeln. Einrichtungen wie Bahnhof, Rathaus, Einkaufs- und Dienstleistungsangebote sowie die Verwaltung des Landkreises Mainz-Bingen liegen zentral innerhalb eines Umkreises von circa 500 Metern – ein urbanes Stadtzentrum mit Identifikationswert bildet sich gerade heraus. Unterstützt wird dieser Prozess durch eine Vielzahl von Projekten und Planungen in der Stadtmitte. Das gemeinsame Ziel von Bürgern, Politik und Verwaltung ist es, eine attraktive und lebenswerte Stadtmitte zu schaffen.
Die Aufgabe, die sich für Ingelheim heute stellt, besteht darin, den besonderen Charakter der Stadt, der sich von der Dörflichkeit seiner Stadtteile bis zur Internationalität eines weltweiten Unternehmens spannt, zu entwickeln. Dies gilt insbesondere auch hinsichtlich der Perspektiven des städtischen Einzelhandels und des Angebotes an Bildungs- und kulturellen Einrichtungen, um so wichtige urbane Funktionen, zu denen auch das Wohnen und Dienstleistungseinrichtungen gehören, zu stärken.
Mit dem „Eckwertebeschluss“ hat der Stadtrat am 11. April 2005 beschlossen, bestimmte Bereiche der Stadtmitte als Eckpfeiler einer integrierten Entwicklung zu einem lebendigen Mittelpunkt Ingelheims verstärkt zu fördern. Auszugsweise werden hier die wesentlichen Kernpunkte zusammengefasst.
Welche räumlichen Schwerpunkte wurden im Eckwertebeschluss definiert?
- Das Areal zwischen Bahnhof und Binger Straße („Einkaufszentrum Georg-Rückert-Straße“), heute als „Neue Mitte“ bezeichnet
- Bahnhofstraße (Traditionelle Einkaufsstraße mit hochwertigem Einzelhandel)
- Neuer Markt/Rathaus (Administratives Zentrum und ehemaliger Marktplatz der Stadt)
Welche Zielvorstellungen wurden im Eckwertebeschluss festgelegt?
Im Bereich Georg-Rückert-Straße sollen zusätzliche attraktive Verkaufsflächen in einer Größenordnung von circa 9000 m² geschaffen werden. Diese Maßnahme dient sowohl zur Verbesserung der Entwicklungsperspektive bestehender Ingelheimer Einzelhandelsbetriebe als auch der Ergänzung des bestehenden Sortiments (Magnetfunktion).
Zur Entwicklung einer vitalen Stadtmitte sind attraktive Verbindungen zu den Bereichen Rathausplatz / Neuer Markt sowie zur Bahnhofstraße zu schaffen.
Die Binger Straße soll in ihrer Funktion als Einkaufsstraße im Zentrum aufgewertet werden.
Über den in der Diskussion stehenden Neubau einer Stadthalle mit Hotel sollte das Areal an der Georg-Rückert-Straße nicht als Standort weiterverfolgt werden.
Was sollte mit der Umsetzung des Eckwertebeschlusses erreicht werden?
Die Stadtmitte soll neben einer allgemeinen Aufwertung im öffentlichen Raum und im privaten Bereich insbesondere durch die Entwicklung des Areals an der Georg-Rückert-Straße gestärkt werden. In einem Komplex attraktiver Nutzungsmischungen von Einkaufen, Dienstleistung und möglichst auch Wohnen sollen insbesondere durch die Ansiedlung von "Magnetbetrieben" und die Möglichkeit zur Verlagerung / Erweiterung vorhandener Ingelheimer Einzelhandelsbetriebe zusätzliche Kundenströme in die Innenstadt geleitet und das überdurchschnittliche Kaufkraftpotenzial in Ingelheim besser erschlossen werden.
Am 28. Juni 2010 hat der Stadtrat den Rahmenplan für die Stadtmitte beschlossen. Diesem Beschluss ging ein umfangreicher Diskussions- und Abstimmungsprozess unter Beteiligung der Bürger Ingelheims voraus.
Für den Rahmenplan wurde die aktuelle Situation in der Stadtmitte analysiert und bewertet, Möglichkeiten für bauliche Ergänzungen oder Änderungen aufgezeigt und letztendlich ein konkretes Konzept entwickelt, wie sich die innerstädtische Entwicklung zukünftig vollziehen soll.
Ziel dieser Entwicklung ist es, neue und attraktive Aufenthaltsmöglichkeiten in der Stadtmitte zu schaffen, um dadurch sowohl den innerstädtischen Einzelhandel als auch das Wohnen in der Innenstadt zu stärken und das Identifikationspotential aller Bürgerinnen und Bürger mit ihrer Stadtmitte nachhaltig zu verbessern. Im Einzelnen sieht der Rahmenplan folgende städtebauliche Eckwerte vor:
- Es werden zwei neue grüne Plätze geschaffen. Einer befindet sich an repräsentativer Lage an der Gartenfeldstraße im Bereich des jetzigen Marktzentrums. Der andere grüne Platz mit ebenfalls hoher Aufenthaltsqualität wird an der Friedrich-Ebert-Straße gegenüber von der Mensa des Schulzentrums angelegt.
- Diese beiden neuen Plätze und der zukünftige Stadtplatz an der Binger Straße/Bahnhofstraße sowie der Friedrich-Ebert-Platz werden zu einem Rundweg verbunden, der durch eine attraktive Gestaltung einen Beitrag zur kompakten, nachhaltigen und identitätsstiftenden Innenstadtentwicklung leisten kann.
- Im Bereich „Neuer Markt“ werden eine Kulturhalle und ein Neubau für das Weiterbildungszentrum errichtet. Das jetzige Marktzentrum wird als Baukörper nicht mehr benötigt. Die noch vorhandenen Nutzungen werden auf andere innerstädtische Flächen verlegt. Die neue Kulturhalle wird mit mindestens 600 Sitzplätzen geplant. Das Weiterbildungszentrum einschließlich Musikschule wird komplett in die Innenstadt verlegt, wodurch räumliche Synergien zwischen diesen Nutzungen möglich werden. Für den Neubau bietet sich der südliche Teil der Fläche „Neuer Markt“ an. Das Rathaus soll in nördliche oder südliche Richtung erweitert werden. Das im Detail abgestimmte Raumprogramm und die hochbauliche Konzeption auf dem Areal „Neuer Markt“ werden in weiteren Planungsphasen festgelegt.
- Die Mediathek wird an der Friedrich-Ebert-Straße direkt neben dem zweiten grünen Platz neu errichtet und befindet sich damit in unmittelbarer Nähe zur Schule.
- Der Bereich Karlspassage wird für innerstädtisches Wohnen vorgesehen.
- Ob es verkehrsberuhigte Bereiche, Fußgängerzonen oder andere geeignete Maßnahmen in der Innenstadt gibt, wurde noch nicht entschieden. Dazu sollen weitere Planungswerkstätten, in denen auch Betroffene teilnehmen werden, durchgeführt. Erst nach diesen Gesprächen erfolgt eine Entscheidung.
- Als möglicher Standort für ein Hotel wurde eine Fläche an der Gartenfeldstraße vorgesehen.
Mit dem Dienstleistungszentrum „Neue Mitte“ wurde am zentralen Platz in der Stadtmitte ein attraktives Gebäudeensemble geschaffen, das den Einzelhandel stärkt und zur Bereicherung des Umfeldes wesentlich beiträgt.
Die Stadt Ingelheim suchte ab 2005 nach einem geeigneten Investoren, um die gewünschte Bebauung errichten zu können. 2007 fand ein Bürgerentscheid zur Erhaltung des Hauses der Jugend in der Stadtmitte statt. Die Mehrheit der Ingelheimer Bürger sprach sich für eine Verlagerung aus. Im Ergebnis konnte das Haus der Jugend 2010 als moderner attraktiver Bau namens Yellow „Am Gänsberg“ neu errichtet werden und damit das Baufeld für die Einzelhandelsbebauung in der Stadtmitte frei gemacht werden.
Nach einer EU-weiten Ausschreibung des Projektes im Jahr 2008 und einem sich daran anschließenden Verhandlungsverfahren mit dem Bewerber, stimmte der Stadtrat dem weiterentwickelten städtebaulichen Konzept zu.
Im Sommer 2010 wurde mit dem Abbruch der bestehenden Gebäude begonnen, im September folgte dann der erste Spatenstich.
Mit einem großen Fest für die Ingelheimer Bürger wurde die „Neue Mitte“ Anfang November 2011 eröffnet. Gleichzeitig wurde auch die Fertigstellung des direkt angrenzenden Sebastian-Münster-Platzes gefeiert.
Auf der circa 14.000 m² großen Fläche sind vier einzelne Baukörper mit umfangreichen Einzelhandelsgeschäften, gastronomischen Einrichtungen, Arztpraxen, Büros und Verwaltungseinrichtungen entstanden. Außerdem wurden insgesamt 430 großzügige Stellplätze in zwei Ebenen gebaut.
Mit der Eröffnung der „Neuen Mitte“ konnte ein wesentlicher Baustein für die Entwicklung des Stadtzentrums zu einem attraktiven Standort umgesetzt werden.
Auf der Fläche an der Gartenfeldstraße und Binger Straße wurden Einrichtungen für die Bildung und Kultur geschaffen. Hier wurde das neue Weiterbildungszentrum, eine Kultur- und Veranstaltungshalle sowie ein Bürogebäude, das als Rathauserweiterung genutzt wird, gebaut.
Nach dem Beschluss über den Rahmenplan wurde im Anschluss daran die konkrete Aufgabenstellung für die Neubebauung des Neuen Marktes zwischen Stadtrat, Bürgern und Verwaltung diskutiert und die Zielrichtung festgelegt.
Nach dem Abbruch des Marktzentrums wurde im November 2014 der erste Spatenstich gefeiert und im September 2015 erfolgte die Grundsteinlegung.
Die Einweihung des Weiterbildungszentrums war Ostern 2017, die Kultur- und Veranstaltungshalle wurde am 18. August 2017 eröffnet.
Was wurde gebaut?
Die Kultur- und Veranstaltungshalle "kING" bietet Platz für ca. 900 Sitze in Reihenbestuhlung. In ihr finden Veranstaltungen unterschiedlichster Art statt wie Konzerte, Theatervorstellungen, Kabarett, Tagungen, Kongresse, Ausstellungen.
Das Weiterbildungszentrum (WBZ), das sich in zwei Baukörper gliedert und entlang der Binger Straße angeordnet ist, bietet ausreichend Platz und mehr Komfort für alle Veranstaltungen, die bisher an der Wilhelm-Leuschner-Straße im „alten“ WBZ angesiedelt waren.
Zwischen dem Rathaus, der Kultur- und Veranstaltungshalle und dem Weiterbildungszentrum befindet sich ein großer Platz, der sich aufgrund des Höhenniveaus auf zwei Ebenen befindet und diese durch eine große Treppenanlage mit integrierten Sitzstufen verbindet. Er wird geprägt durch Bäume und ein Wasserspiel auf der unteren Platzebene. Die Halle und der Platz sind mit einer Tiefgarage mit 240 Stellplätzen unterbaut.