Der Wald steht nachvollziehbar schon über 800 Jahre im Besitz der Stadt Ingelheim. Die genauen Hintergründe, warum hier ein über 30 Kilometer vom Eigentümer entfernt liegender Grundbesitz existiert, sind bis dato noch nicht abschließend recherchiert. Eine Überlieferung besagt, dass eine Gräfin, die keine Nachfahren hatte, den Wald an Nieder-Ingelheim schenkte, da die Bewohner dieser Gemeinde sich um die Edelfrau bis zu deren Tode sorgten. Wie aber kam dann die Gräfin an den Waldbesitz? Hier könnte man die Mutmaßung anstellen, da Ingelheim zur Zeit der Karolinger (Karl d. Gr.) eine Kaiserpfalz war, dass solche Liegenschaften zur Versorgung des Hofstaates genutzt wurden (Wild und Holz) und während der Abwesenheit des Hofes als Lehen an den niederen Adel gegeben wurden. Ein späteres Aneignen der Ländereien durch den niederen Adel nach Zerfall der Kaiserpfalz ist sicher eine denkbare Möglichkeit.
Die Überlieferungen besagen außerdem, dass in der Ortschaft Daxweiler Leibeigene den Nutzen aus dem Wald zogen und bereitstellten. Darauf begründeten sich wohl auch die Holz und Weiderechte der Daxweilerer im Ingelheimer Wald, die erst 1888 durch Zahlung von 76000 Mark durch Ingelheim abgelöst wurden. Das Niederingelheimer Gemeinderatsmitglied Dr. jur. Wilhelm Freiherr von Erlanger ermöglichte damals die Beschaffung einer für diese Zeit beträchtlichen Geldsumme, nach deren Überbringung alle Überbleibsel der ehemaligen Grundherrschaft Ingelheims über Daxweiler erloschen waren.
Zur Erinnerung an Dr. Wilhelm Freiherr von Erlanger befindet sich in der Abteilung 58 des Ingelheimer Stadtwaldes ein Gedenkstein.
Es kann festgehalten werden, dass die Geschichte des Ingelheimer Waldes für den interessierten Hobbyhistoriker viel Beschäftigung bieten könnte. In alten Schriften wird von einem Dorf Kantei gesprochen, in dem vor langer Zeit Köhler lebten. Hierüber, als auch über die Einsiedeleien, Erzabbaustellen, Eisenschmelzen und unzähligen Köhlerplätze wurden noch keine erschöpfenden Untersuchungen angestrengt. Da zwischenzeitlich Funde aus der Römerzeit dokumentiert wurden, lässt sich das Rad der Geschichte auch bis in diese Zeit zurückdrehen: 2017 wurden durch den Archäologen der Universität, Institut für Vor- und Frühgeschichte, Herrn Priv.Doz. Dr. Haupt eindeutig römische Siedlungsstrukturen (z. B. eine Villa Rustica) nachgewiesen. Derzeit laufen Prospektionen, die weitere Aufschlüsse liefern sollen.