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Beirat für Migration und Integration (BMI)
Der aktuelle Beirat (Wahlperiode 2024 bis 2029):

Foto, hintere Reihe (v.l.n.r.): Carlos Pereira, Dr. Silvia Klengel,
Zhypar Maiymbetova-Steiner, Stefan Weitzel,
Tatyana Vester, Minas Ioannidis. Vordere Reihe (v.l.n.r.):
Mannan Amou, Ahmad Shakib Saboor, Abdirahman Khadar, Bild: Stadt Ingelheim.
Die am 10. November 2024 gewählten Beiratsmitglieder:
Carlos Pereira, Vorsitzender
Tatyana Vester, Stellvertretende Vorsitzende
Zhypar Maiymbetova-Steiner, Stellvertretende Vorsitzende
Abdirahman Khadar
Ahmad Shakib Saboor
Mannan Amou
Minas Ioannidis
Die Mitglieder des Beirats vorgestellt
Mannan Amou
© Minas IoannidisFoto: Mannan Amou, Bild: Minas IoannidisMannan Amou aus Syrien ist eines der neuen Mitglieder im Ingelheimer Beirat für Migration und Integration. Bei den Wahlen im November 2024 wurde der 45-jährige Kurde in das Gremium gewählt. Mannan Amou ist es ein Anliegen, Menschen, die aus ihrer Heimat geflüchtet sind, bei der Integration in Ingelheim zu unterstützen. Besonderes Augenmerk legt er dabei auf Menschen mit Beeinträchtigung, deren Situation er gut nachvollziehen kann. Denn er selbst ist aufgrund einer Schwerbehinderung auf den Rollstuhl angewiesen. „Die Leute haben viele Probleme“, sagt er, „viele wissen nicht, wie es weitergehen soll.“
Mannan Amou ist in Syrien geboren und aufgewachsen. „Vor dem Krieg haben Kurden, Christen und Araber alle gut zusammengelebt“, sagt Amou. Doch 2011 begann der Bürgerkrieg in seinem Heimatland. Im Mai 2015 veränderte sich sein Leben schlagartig. „Es kam eine Rakete“, erinnert er sich. Sie schlug mitten im Wohngebiet ein. „Zwölf Nachbarn sind gestorben“. Er selbst und seine damals schwangere Frau wurden verletzt. „Die Situation war sehr schlecht“, berichtet der gebürtige Syrer. Zurück in ihre Wohnung in Aleppo konnten sie nicht mehr. „Es war alles kaputt. Wir wussten nicht, was wir machen sollen.“
Zunächst flohen sie in die Türkei, wo bereits viele ihrer Landsleute gestrandet waren. Eine Bleibeperspektive gab es nicht. In einem kleinen Boot mit 40 Menschen an Bord ging es schließlich übers Meer nach Griechenland. „Wir haben entschieden, nach Deutschland zu gehen, weil wir hier Familie haben“, erzählt Mannan Amou. Die gefährliche Flucht nahm für ihn und seine Frau ein gutes Ende. Direkt nach der Ankunft in Deutschland kam der gemeinsame Sohn zur Welt. Der inzwischen Neunjährige und die sechsjährige Tochter sind der ganze Stolz der Eltern. Der Sohn sei sehr gut in der Schule, sehr sportlich und mache Taekwondo, berichtet der stolze Vater. Die Tochter sei auch sehr sportlich, demnächst werde sie eingeschult und freue sich schon darauf.
In Ingelheim fühlt sich die Familie gut aufgenommen und integriert. „Alle hier sind sehr freundlich und hilfsbereit“, betont Mannan Amou. Die Suche nach einem Job jedoch sei für ihn aufgrund seiner Behinderung bislang erfolglos gewesen. „Ich kann leider nicht arbeiten“, sagt er, „aber möchte gerne etwas zurückgeben.“ Aus diesem Grund engagiert er sich im Beirat für Migration und Integration, dem er in der laufenden Wahlperiode erstmals angehört.
Dass zuletzt immer wieder auch Menschen aus seinem Heimatland Syrien in Deutschland Anschläge verübt haben, dafür hat Mannan Amou kein Verständnis. „Das macht mich sehr traurig“, betont er. „Ich schäme mich für diese Leute.“ Alle müssten sich an die Regeln halten, stellt er klar. Er und seine Ehefrau sind glücklich und dankbar, dass sie in Ingelheim eine zweite Heimat gefunden haben, wo sie in Sicherheit leben können. Die jüngsten Entwicklungen in seiner Heimat Syrien verfolgt Mannan Amou sehr aufmerksam. „Was jetzt passiert, ist nicht klar“, sagt der 45-Jährige, den die Erinnerung an Krieg und Terror bis zum heutigen Tag verfolgt. „Bis jetzt habe ich Angst, wenn es plötzlich laut wird, dass eine Rakete kommt.“
Abdirahman Khadar
© Minas IoannidisFoto: Abdirahman Khadar, Bild: Minas IoannidisSeit den letzten Beiratswahlen ist Abdirahman Khadar Mitglied im Beirat für Migration und Integration der Stadt Ingelheim. In dieser Funktion setzt er sich ehrenamtlich für ein gutes Miteinander der Menschen in Ingelheim ein. Der 28-Jährige ist in Somalia geboren und lebt mit seiner Familie in Ingelheim. Aufgewachsen ist er in einem Land, in dem Krieg und Terror allgegenwärtig waren. Seine Kindheit in Somalia war geprägt von der Angst vor der islamistischen Terrormiliz al Shabaab, die Kinder entführt und als Kämpfer für ihre Ziele rekrutiert. Einmal, erzählt Abdirahman Khadar, sei er von der Miliz entführt worden. Zum Glück konnte er wieder entkommen. Für seine Familie indes war dies ein Schlüsselerlebnis. Sein Vater habe ihm daraufhin gesagt, er müsse seine Heimat verlassen.
Der Vater, erzählt Abdirahman Khadar, lebe nicht mehr. Er wurde von der Terrormiliz ermordet, nachdem sein Sohn geflüchtet war. 14 oder 15 sei er gewesen, als er sich zunächst in Richtung Äthiopien auf den Weg machte. „Ich war zum ersten Mal ganz allein und hatte große Angst“, berichtet er. „Ich wollte nur überleben.“ Über Äthiopien und den Sudan begann für ihn eine abenteuerliche Flucht, auf der er immer wieder Gewalterfahrungen machte und Todesangst erlebte. In einem Plastikboot mit 18 Menschen an Bord ging es für ihn schließlich von Tripolis aus übers Mittelmeer.
Dass er es am Ende bis nach Ingelheim schaffte, grenzt für ihn an ein Wunder. Ohne Geld war er Schleppern in der Wüste hilflos ausgeliefert. Vier Wochen lang musste er mit einer Flüchtlingsgruppe in der Sahara campieren - in ständiger Angst und Ungewissheit. Glück hatte er auch, dass ihm die Flucht aus einem Gefängnis gelang, wo er unter katastrophalen Zuständen inhaftiert war. Mehrmals wurde der Jugendliche auf der Flucht mit dem Tode bedroht.
Inzwischen lebt Abdirahman Khadar seit neun Jahren in Ingelheim. Er ist verheiratet, hat drei kleine Kinder (sieben, fünf und zwei Jahre alt) und einen Job in Heidesheim. Dass er in Deutschland ein neues Leben beginnen konnte, ist für ihn ein Geschenk. „Ich habe die Möglichkeit bekommen, zu lernen und mir ein Leben aufzubauen“, sagt der 28-Jährige. „Das ist eine große Chance.“ Mit seinem Engagement im Beirat für Migration und Integration will der er der Gesellschaft etwas zurückgeben, wie er sagt. Unter anderem unterstützt er andere Menschen, die aus ihrer Heimat geflüchtet sind, bei der Integration. Nach seiner Ankunft in Deutschland habe er aufgrund seiner Sprachkenntnisse unter anderem im Aufnahmelager als Dolmetscher gearbeitet. „Ich versuche, den Leuten zu helfen“, erklärt Abdirahman Khadar. Er selbst würde sich gerne beruflich weiterbilden. In den vergangenen Jahren hat der 28-Jährige verschiedene Praktika gemacht. Aktuell ist er auf der Suche nach einem Ausbildungsplatz im Bereich Chemie oder IT.
Kein Verständnis hat Abdirahman Khadar für Menschen, die in ihrem Gastland gewalttätig werden und Terror verbreiten. „Ich kann nicht verstehen, was sie tun“, sagt er. „Die Religion sagt, du sollst nicht töten und alle Menschen respektieren. Das hat uns schon mein Vater beigebracht.“
Ahmad Shakib Saboor
© Minas IoannidisFoto: Ahmad Shakib Saboor, Bild: Minas IoannidisFür Ahmad Shakib Saboor ist es selbstverständlich, dass er sich in seiner neuen Heimat Ingelheim ehrenamtlich engagiert. Dafür, dass er hier so gut aufgenommen worden ist, möchte sich der 37-Jährige auch auf diesem Weg bedanken. Konkret tut er dies, indem er sich im Beirat für Migration und Integration engagiert. Außerdem ist er in der Computerwerkstatt des Vereins MütZe aktiv, zählt zum Team der Fahrradwerkstatt und des Repaircafés im MGH.
„Ich will Leuten helfen, wenn ich etwas tun kann“, betont Ahmad Saboor, der in Afghanistan geboren ist. In Deutschland, habe er viel Unterstützung erfahren. Unter anderem von einer deutschen Familie, die ihn nach seiner Flucht wie einen Sohn aufgenommen hat. „Sie haben mir geholfen, dass ich auf eigenen Beinen stehen kann“, blickt er dankbar zurück.
Dass er in Ingelheim ohne Angst vor Krieg und Terror leben kann, weiß der 37-Jährige sehr zu schätzen. Denn seine Kindheit und Jugend waren von Krieg und Gewalt geprägt. „Ich bin im Krieg geboren, aufgewachsen und zur Schule gegangen“, sagt Ahmad Saboor. Zunächst verbreiteten die Mudschaheddin Angst und Schrecken, später die Taliban. „Mein Vater war Ingenieur“, erzählt Ahmad Saboor. Für die Islamisten sei er ein Ungläubiger gewesen, weil er mit der vorherigen Regierung zusammengearbeitet hatte. Als Ahmad neun Jahre alt war, floh die Familie das erste Mal innerhalb Kabuls. Dann kamen die Taliban in Afghanistan zum ersten Mal an die Macht.
„Es war noch schlechter“, berichtet Ahmad Saboor. Die Taliban terrorisierten die Familie, versuchten Geld zu erpressen und schreckten dabei auch vor brutaler Gewalt nicht zurück. Einmal seien sie gekommen und hätten dem Vater gedroht, ihn (Ahmad) zu töten, wenn keine Waffen oder kein Geld an die Taliban gezahlt würde. Um ihrer Drohung Nachdruck zu verleihen, fügten sie dem Kind mit dem Messer tiefe Schnittwunden zu, deren Narben bis heute zu sehen sind. Daraufhin floh die Familie ins benachbarte Pakistan. Nach dem US-Einmarsch in Afghanistan 2001 ging es für Saboor erneut zurück in die Heimat.
In Afghanistan arbeitete er für verschiedene westliche Organisationen, was den Islamisten ein Dorn im Auge war. Ihm wurde mehrmals mit dem Tod gedroht. Nach einem Überfall durch die Taliban geriet er in Gefangenschaft, wo er schreckliche Dinge miterlebt hat. Menschen wurden vor seinen Augen gefoltert und getötet. Die Bilder des Schreckens verfolgen ihn bis heute. Nur durch eine glückliche Fügung gelang ihm schließlich die Flucht. Nach einer abenteuerlichen Odyssee kam Ahmad Saboor im Mai 2015 nach Deutschland.
In Ingelheim hat
sicher sich längst gut eingelebt. Er spricht fließend Deutsch, was ihm sehr wichtig ist. „Die Sprache ist der Schlüssel zum Leben“, betont der 37-Jährige. Er arbeitet bei einem internationalen Unternehmen in Mainz, zusätzlich hat einen Minijob bei der Stabsstelle für Vielfalt und Chancengleichheit. Bei Fluchtseminaren für Jugendliche ist er gelegentlich als Referent im Einsatz. Sich in Deutschland zu integrieren und auch anderen bei der Integration zu helfen, ist für ihn eine Selbstverständlichkeit. Umso weniger kann er verstehen, dass es Menschen gibt, die in ihrer neuen Heimat schreckliche Gewalttaten verüben. „Mein Herz tut weh, wenn ich höre, dass jemand so etwas gemacht hat. Ich verstehe das nicht.“ Egal, woher man komme, man müsse sich an die Regeln halten. „Alle Kulturen“, sagt Ahmad Saboor, „müssen zusammenleben“.
